Hello again auf Zoom: Das November-Wochenende der Yogalehrer-Ausbildung

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Mal ehrlich: Irgendwie haben wir doch alle gedacht, dass dieser Corona-Spuk im Herbst, spätestens im Winter, vorbei ist, oder? Gut, mehr hätten wir uns alle nicht irren können und so haben wir das November-Wochenende der Yogalehrer-Ausbildung ein weiteres Mal über Zoom verbracht. Die Praxis kam daher natürlich ziemlich kurz, aber es gab ja auch noch ein paar Themen, die vor der theoretischen Prüfung, die uns im Dezember bevor steht, behandelt werden wollten.

Am Samstag starteten wir also mit einem Theoriethema, das jetzt nicht zu meinen persönlichen Lieblingsthemen zählt – dem Pre- und Postnatalyoga. Wenn man mit dem Thema keine im wahrsten Sinne des Wortes persönliche Erfahrung hat, ist das vermutlich aber einfach so – und gerade darum war die Klasse die Sina, eine der uns begleitenden CoolYoga-Lehrerinnen, für uns vorbereitet hatte, umso spannender. Denn wenn man noch nie einen Schwangeren-Bauch hatte, vergisst man, dass schon so vermeintlich einfache Asanas wie die ganze Vorbeuge richtig kompliziert werden können.

Hallo, Pitta!

Das zweite Samstagsthema war für mich trotzdem spannender, ging es doch um Ayurveda. Zum Einstieg bestimmten wir direkt mal unser Dosha mit einem Konstitutionstest, der natürlich keine Beratung bei einer Ayurveda-Therapeutin ersetzt, aber zumindest eine Einschätzung gibt – die mich übrigens nicht besonders überraschte. Dass mein vorherrschendes Dosha Pitta ist, hatte ich schon geahnt und tatsächlich passt es auch zu 100 %. Sowieso habe ich mir in diesem ganzen Theorieblock wahnsinnig viele Notizen gemacht und wieder einmal gemerkt, dass mir diese Yogaausbildung nicht nur hilft, Yogalehrerin zu werden, sondern auch, mich besser zu verstehen. Ich erkenne immer mehr, wie ich meinen Alltag ändern könnte, damit es mir besser geht und ich ausgeglichener, leistungsfähiger und ruhiger werden. Das heißt natürlich nicht, dass es mir leicht fällt, diese Veränderungen auch anzugehen – ehrlich gesagt sogar im Gegenteil. Aber diese Dinge überhaupt zu erkennen und zu verstehen, tut schon ungemein gut. Dazu später aber mehr.

 

Meditationspremiere für Lisa: Vielleicht doch noch Liebe?

Der Sonntag startete dann richtig spannend, nämlich mit einer Premiere: Ich habe meine erste Meditation angeleitet und es hat so so Spaß gemacht. Ich war wahnsinnig aufgeregt, mein Herz klopfte so laut, dass man es vermutlich durch Zoom hindurch hören konnte, aber es war so toll – und ehrlich gesagt, fand ich die Praxis, die ich rund um das Thema „Licht“ vorbereitet hatte, selbst ganz gut 🙂 Mit dem Anleiten von Meditationen geht es mir also offensichtlich so, wie mit dem Mantra singen – ich war fest davon überzeugt, dass beides eher nicht so meins ist, bin mir aber nun doch ziemlich sicher, dass beides Teil meiner Yogastunden werden wird.

Der Rest des Tages stand dann ganz im Zeichen von Patanjali und den Yogasutren – und das sowohl klassisch-abstrakt auf Sanksrit als auch immer mit Bezug auf unser Leben und unsere Lebensrealität.

Des Yogis Bibel: Patanjalis Yogasutra

Zugeben die Yogasutren sind beim ersten Lesen nicht besonders zugänglich – als ich das erste Mal in die Verse reingeschaut habe, war ich mir ziemlich sicher, dass ich mit diesem Teil von Yoga nicht so viel anfangen kann – zugegeben: Mir war da auch nicht bewusst, wie zentral die Yogasutren eigentlich sind. Und natürlich lag ich wie so oft auch vollkommen falsch. Denn mittlerweile finde ich dort durch die Erfahrungen der Yogalehrer-Ausbildung und den Einblick den wir in die Philosophie des Yoga bekommen haben, immer wieder Anhaltspunkte und Denkanstöße für mein eigenes Leben.

Ganz deutlich ist mir das beim Verfassen des Buchreportes zu den Yogasutren geworden, der Bestandteil unserer Ausbildung war. Wie schon beim Buchreport zu Desikachar war auch hier die Aufgabe nicht, einfach das Buch wiederzugeben, sondern einen Bezug herzustellen. Entweder zu einem Sutra, einem Kapitel oder natürlich auch dem ganzen Buch. Ich habe mich in meinem Report für die Sutren 1.36 und 3.49 entschieden – vielleicht veröffentliche ihn hier auch noch, wenn ich ihn noch etwas sortiert habe. Denn tatsächlich ist der Buchreport doch sehr persönlich geworden – so viel zu dem Thema: „Die Yogasutren haben eher nicht so viel mit meinem Leben zu tun.“ Ach, Lisa!

An diesem Sonntag ging es aber im Speziellen um die Sutren 1.1 – 1.3 und 2.3 – 2.10. Ich will euch jetzt nicht mit Sanskrit langweilen, aber den Inhalt der Yogasutren trotzdem ganz kurz und knapp zusammenfassen, sind doch gerade diese Teil von Patanjalis Yogasutra die Basis der Yogaphilosophie, wie wir sie heute lehren und lernen – und dabei wirklich gar nicht so weltfremd, wie es sich erst anhört – versprochen!

1.1
Atha yoga-anuśāsanam
„Jetzt folgt eine Einführung in Yoga, die auf Erfahrung beruht.“

Klingt so einfach und enthält doch so viel. Denn jetzt, jetzt in diesem Augenblick, ist der Zeitpunkt gekommen, in dem sich dein Leben verändert, denn du beginnst, dich mit Yoga zu beschäftigen. Und das ist nichts, was du theoretisch lernen kannst. Yoga erfährst du und zwar mit Haut und Haaren und jedem kleinsten Teil von dir.

In den folgenden Sutren wird das Ziel von Yoga erklärt – und damit gleichzeitig der Weg dorthin. Denn Yoga ist der Weg über den wir den Zustand des Yoga erreichen. Klingt komisch und unverständlich und ich glaube, genau so soll es auch sein. Dieser Weg ist nämlich nicht gerade einfach zu gehen. Laut den Yogasutren ist das Ziel von Yoga die Beruhigung des Geistes. Ist unser Geist still, die Gedanken, Sorgen, Ängste mit all ihren Prägungen, usw. kann auch alles andere still werden und wir finden uns, unser wahres Selbst, unseren inneren Kern, unser ganzes Glück. Und dafür lohnt sich der Weg doch, oder?

Aber wie genau sollen wir das nun anstellen? Unseren Geist so weit beruhigen, dass wir zu unserem wahren Selbst, zur absoluten Glückseligkeit finden. Nun, Spoiler: Ein Leben allein wird vermutlich nicht ausreichen, aber wir können immerhin damit anfangen, uns mit unseren Kleshas, unseren Schatten, zu beschäftigen, die in den Sutren 2.3 – 2.10 besprochen werden.

2.3
avidya asmita, raga, dvesa abiniveshah pancha kleshah
„Avidya, Asmita, Raga, Dvesha und Abinivesha sind die fünf Kleshas.“

Die Kleshas können als Schleier beschrieben werden, die sich um unser wahres Ich, um den unveränderteren Anteil in uns legen, und aus denen alles Leid entspringt, das wir erfahren. Wollen wir sie lösen und sie hinter uns lassen – und das sollten wir, wenn wir uns auf den Weg des Yoga machen – müssen wir vor allem eins tun: uns ihnen stellen, sie ansehen und kennenlernen.

Im Prinzip kann man das Konstrukt der Kleshas auch so verstehen: Jede von uns hat Anteile in sich, die uns nicht gut tun. Jede ist manchmal egoistisch, gemein zu anderen, konsumiert zu viel von welchen Dingen auch immer, hat Angst und versteckt sich deshalb – und mag aber genau diese irgendwie negativen Aspekte der Persönlichkeit nicht wahrnehmen. Das alles sind die Kleshas. Um uns von ihnen lösen zu können, müssen wir aber hinschauen.

Ich versuche es mal mit einem Beispiel:
Ich würde gern mehr Ausdauersport machen, weil ich weiß, dass Bewegung mir und meinem Körper (und meinem Dosha) gut tut. Ich weiß aber, dass mir Ausdauer fehlt und mir das Mountainbiken oder Joggen deswegen wahnsinnig schwer fällt. Also eiere ich herum und bin sauer auf mich selbst, weil ich nicht laufen gehe – ich leide also auf eine Art und Weise. Das ist Dvesha, eins der insgesamt fünf Kleshas. Ich lehne den Ausdauersport ab, weil ich vermute, dass es mich unglücklich machen könnte. Ich versuche es nicht mal!

Nicht dass ich jetzt, wo ich das erkannt habe, direkt auf’s Fahrrad springe, aber ihr wisst, was ich meine. Ich kann etwas nur ändern, wenn ich es erkenne.

Wobei: Auch dann können wir uns nicht auf der sicheren Seite wiegen, denn wenn wir glauben, die Kontrolle über die Kleshas erlangt zu haben, können wir ziemlich sicher sein, dass gerade das nicht der Fall ist.

2.10
te pratiprasavaheyah suksmah
„Auch wenn die Kleshas nur schlummern, ist es wichtig, ihrem Gedeihen entgegenzuwirken.“

Das klingt alles irgendwie wenig erbaulich, oder? Die Kleshas zu kontrollieren ist ein Zeichen dafür, dass irgendwas außer Kontrolle gerät und sowieso und überhaupt: Ein Leben wird für diese ganze Yogareise schon mal gar nicht reichen! Also überhaupt anfangen?

Ich sage: Unbedingt! Denn ich finde, es ist ein wahnsinnig schöner Gedanke, dass der Weg des Yoga gleichzeitig auch schon das Ziel ist. Es geht viel weniger darum, in dieser unendlichen Glücklichseligkeit anzukommen (wobei, wenn das eintritt, bitte gerne), sondern darum, überhaupt unterwegs zu sein. Sich wahrzunehmen, sich zu verändern – und so auch die Welt zu verändern. Es geht nicht darum, einen perfekten Endzustand zu erreichen, bei dem man sich auf die Schulter klopfen kann und versagt hat, wenn dieser Zustand nicht eintritt. Wir sind schon ziemlich perfekt, wenn wir uns nur bewegen. Was für ein schöner Gedanke!

Kein Wunder also, dass ich auch diesen Artikel schon fast wie gewohnt beenden kann:

Practice and all is coming.

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