Der Weg und das Ziel: Die Yogalehrer-Ausbildung beginnt
Ob dies ein langer Blogartikel wird? Machen wir uns nichts vor, vermutlich schon. Denn wow! War das ein intensives erstes Wochenende mit dem wir in die Yoga-Ausbildung gestartet sind, und an dem so wenig und so viel zugleich passiert ist.
Man erinnert sich: Im Dezember letzten Jahres habe ich mich für die kommende Yogalehrer-Ausbildung bei CoolYoga in Dortmund angemeldet. Die Vorfreude war riesig und die Zeit bis zum Mai schien noch endlos lang. Und dann kam das, womit niemand gerechnet hat: Schwupp – Pandemie.
Wie unfassbar froh ich bin, dass die technischen Möglichkeiten es hergeben, dass wir – die 18 Teilnehmerinnen und 3 Mentorinnen der diesjährigen CoolYoga-200-Stunden-Vinyasa-Yogalehrerinnenausbildung – uns am vergangenen Wochenende nun zum ersten Mal über Zoom getroffen haben.
Organisatorisches der Yogalehrer-Ausbildung vorab
Um am Ende der Ausbildung das Zertifikat zu erhalten, braucht es Verschiedenes:
- Buchreporte – als erstes legen wir mit dem Report zu Desikachars “Yoga, Tradition und Erfahrung” los
- den bestandenen Anatomietest
- die bestandene schriftliche Prüfung
- als Lehrprobe eine allein unterrichtete und konzipierte, ganz reguläre Klasse bei CoolYoga
- und natürlich 200 Stunden Yoga, die sich neben den Ausbildungsstunden aus 50 Stunden im Studio zusammensetzen. Dazu kommen 10-15 Praktikumsstunden.
Die Ausbildung dauert rund neun Monate. Die einzelnen Blöcke sind auf die Wochenende gelegt – diese Rahmenbedingungen waren für mich ein wichtiges Entscheidungskriterium: Ich wollte eine fundierte, gute Ausbildung, die nicht ein paar Jahre dauerte, und die ich trotzdem neben dem Job machen konnte. Urlaub muss ich mir nun nur für die Intensivwoche im Sommer nehmen – und das ist natürlich easy drin.
Einen Überblick über den Aufbau der Ausbildung könnt ihr auch auf CoolYoga machen.
Viel Theorie, viel Philosophie
Fesselt uns nicht gerade eine Pandemie vor den Rechner, ist das Verhältnis der theoretischen und praktischen Anteile der Ausbildung bei CoolYoga so gut es geht ausgeglichen. Das ganz praktische Ausprobieren von Assists oder ähnlichem fällt bei einem Online-Start natürlich weg. Daher war der Stundenplan des ersten Wochenendes sehr theoretisch und bestand – abgesehen von der Klärung organisatorischer Fragen aus den folgenden Blöcken, die ich inhaltlich nur ganz kurz anreißen möchte. Tatsächlich waren die Inhalte natürlich sehr viel umfangreicher:
Yoga-Philosophie: Was ist Yoga?
Der erste Satz dieses Theorieteils ist mir wahrscheinlich am allermeisten in Erinnerung geblieben: Yoga ist der Weg, und das Ziel ist Yoga. Die Asanas sind dabei nur eine Stufe des achtgliedrigen Pfades, dessen Ziel Samadhi ist, der Zustand des absoluten Eins-Seins.
“Yoga ist kein Glaube. Es ist ein Vordringen in die eigene Existenz.” (Osho)
Meditation und Meditationstheorie
Am Samstag habe ich direkt gemerkt, warum ich mich um die Meditation alleine zuhause so gern herumdrücke: Es fällt mir einfach schwer – so auch an diesem Wochenende. Ich habe ewig keinen guten Sitz gefunden und war die ersten Minuten totsicher, dass das heute nichts mit mir wird, bis ich plötzlich doch ruhig geworden bin und die leicht schmerzende rechte Hüfte nicht mehr gespürt habe.
Meditation oder Dhyana ist die siebte Stufe des achtgliedrigen Pfades und übrigens (natürlich in unterschiedlicher Intensität) in allem geübt werden, was du tust. Ich wusste doch schon immer, dass Tortellini selber falten meditativ ist!
Theorie zu Assists und Adjustments
Oh, wie gut sicher dieser Teil angefühlt hat! So richtig konkret – wir werden wohl tatsächlich Yogalehrerinnen! Nun könnte man meinen, dass sich Assists und Adjustments nicht wirklich digital vermitteln lassen und natürlich freuen wir uns alle darauf, dass wir uns bald gegenseitig in unserer Praxis assistieren dürfen, aber gelernt haben wir trotzdem viel: Darüber, wie wichtig, das Berühren in der Yogastunde ist, dass assistieren nicht gleich korrigieren ist und wie zentral die Intention der Assists und Adjustments, das Vertrauen der Schülerinnen, der Sprache und verbalen Anleitung und der eigenen Positionierung ist.
“Without touch, progress is very slow.” (Sri K. Pattabhi Jois)
Yoga-Philosophie: Ashtanga Yoga Marga
Mit diesem Theorieblock sind wir in Patanjalis Yogasutra eingetaucht, speziell in die Sutren 2.1 und 2.2 zum Kriya Yoga und 2.28 – 2.55 und 3.1-3.2 zum Ashtanga Yoga Marga.
Wow: Da tat sich für mich wirklich eine Welt auf. Das Yogasutra hatte ich mir zwar schon vor Monaten von meiner Yogalehrerin geliehen, aber wenn ich ehrlich bin, fiel es mir schwer, einen Zugang zu finden. Das war an diesem Wochenende zum Glück anders. Tatsächlich haben wir uns auch nicht nur in das Yogasutra eingearbeitet, sondern begleitend dazu in Su Bussons “Ich.Bin.Jetzt” gelesen. Wir haben uns verschiedene Interpretationen der Sutren angeschaut und uns insbesondere mit den Yamas und Niyamas – den Prinzipien im Umgang mit anderen Menschen und unserer Umwelt und den Prinzipien im Umgang mit uns selbst – beschäftigt.
Pranayama und Pranayama-Theorie
Wie Asanas und Meditation ist auch Pranayama ein Teil der achtgliedrigen Pfades – genauer der vierte – und wie die Meditation ein Aspekt, den ich mitunter gern mal zugunsten der Asanapraxis vernachlässige. Dabei ist es ein so zentraler Punkt im Yoga. Pranayama wirkt sich sowohl anatomisch, als auch physiologisch, psychologisch und spirituell auf den Menschen aus – immerhin versteht man per Definition darunter die Beeinflussung des Prana, der “… Energie, die alles durchdringt, das Allergrößte genauso wie das Allerkleinste. […] Prana ist Herzschlag, Verdauung und Denken – jeder erdenkliche Vorgang. Das ganze All in seiner Schwingung.” (Katha Upanishad, 2.3.2).
Mich hat dieser Theorieteil jedenfalls dazu bewogen, mich auch zu Beginn und während meiner Praxis zuhause verstärkt mit meinem Atem zu beschäftigen.
Sequencing-Theorie für die eigene Praxis zuhause
Noch so einer toller Theorieteil, der sich gar nicht so theoretisch anfühlte. Nochmal: Wir werden echt Yogalehrerinnen! Und tatsächlich ist der Aufbau einer guten Vinyasa-Yogastunde am Anfang gar nicht so einfach. Denn auch wenn wir alle schon zig Vinyasa-Yogastunden hinter uns haben, ist es aus dem Stand schwierig, die einzelnen Teile der Stunde im Kopf nachzuvollziehen.
Lisa, wie war dieses erste Wochenende der Yogalehrer-Ausbildung denn nun?!
Tatsächlich war es großartig – so großartig, dass es mir Montag gar nicht sooo leicht fiel, ins Büro zu fahren. Am allerliebsten hätte ich direkt weitergemacht, auch wenn die drei Tage sehr intensiv und anstrengend waren, nicht zuletzt, weil wir nun einmal den ganzen Tag auf einen Bildschirm geschaut haben – trotz wirklich großzügiger Pausen.
Trotzdem möchte ich darüber überhaupt nicht klagen. Unsere Mentorinnen waren allesamt großartig und haben uns die Themen auch digital und aus der Entfernung wirklich gut nahe gebracht. Ich habe viel mitgeschrieben – wir haben zwar auch Skripte bekommen, aber hey: Mitschreiben hilft immer – und ich habe schon jetzt so viel mitnehmen können, was ich trotz jahrelanger Yogapraxis noch nicht wusste.
Und tatsächlich ist auch schon so etwas wie ein Gemeinschaftsgefühl entstanden – auch wenn wir uns noch gar nicht persönlich kennengelernt haben. Aber wir gehen alle diesen neuen, spannenden Weg und beginnen ihn in einer Zeit, die verrückter nicht sein könnte.
Und mal ehrlich: Vielleicht ist diese ganz besondere Situation, in der wir uns gerade befinden, der allerbeste Zeitpunkt, um etwas Neues anzufangen. Es ist doch gerade eh alles neu, niemand weiß, was kommt, keiner kann planen. Und so ist es bei der Ausbildung auch. Klar, ich möchte im nächsten Jahr unterrichten, da bin ich mir ganz sicher. Aber wie meine Klassen aussehen werden, in welchem Umfang ich unterrichten darf, wie ich mich verändern werde – wer weiß das schon?
Practice and all is coming.